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Mitzi Mess – Dekonstruktionen 3/ 1

by Müll Records

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about

Pierluigi Giovanni da Palestrinas Pie Jesu Domine (um 1550) > im Ursprung schon eine mehr oder weniger monophone Angelegenheit, steht zu Beginn der Serie. Die Modulationsfolgen und deren Dauern machen im Hauptsächlichen die Spannungsbögen, die 808 begleitet. Zwei Ausführungen sind geringfügig gecuttet, eins kommt ganz ohne Postproduction aus.

György Ligetis Etüde No 2 (1985) > Was es nicht alles gibt. Ich hatte mich entschieden, Ligetis Etüde No 2 vor der Interpretation nicht zu hören. Während der Aufnahme habe ich die Bewegungen registriert, die der Palestrina-Aufnahme zuvor entgegenstanden, nämlich ein Wogen, wie es das in der Alten Musik nicht gibt. Ich habe versucht, dem entgegenzuwirken. Dadurch, dass ich das Stück nicht kannte und nicht wusste, dass es sich um ein Klavierstück handelt, hat sich meine Haltung bei der Aufnahme zunehmend auf Ligeti als Person gerichtet – seine Spinnenträume und fast haptischen Vorstellung von Fetzen. Damit einher ging eine Verschiebung der Aufmerksamkeit von weichen Klavierklängen, die das Original zeigt, zu einer Gesamtübersicht über mein Wissen von Ligetis Schaffen und zu den Streichquartetten. Vielleicht ist die Interpretation dadurch auch ein wenig expressionistischer geraten, als das Original eigentlich ist. Das Original ist zutiefst romantisch und erinnert an Debussy. Auch Ligetis Orgelwerk kommt zum Zuge, wie ich jetzt gerade höre. Die Spitzen der Wogen sollen weg. Nach Ligeti hab ich, den Zusammenhängen seiner Biografie folgend, Josquin gewählt.

Josquin des Prez' Missa Pange Lingua > Missa mit teils rhythmisierten Motiven. Wenn ich mir vorstelle, einen Science Fiction mit einer Bar, der im 23. Jahrhundert spielen würde, und da liefe Musik, dann wär das vielleicht sowas. Quentin Tarantino würde sich vielleicht da aufhalten, mit zwei Blondinen im Arm. Das nenne ich also clubtaugliche Musik. Schließlich bezieht eine Bar ihren Ruf nicht durch ihren Umsatz, sondern ihren Ruf. Es handelt sich um einen kompletten Durchlauf auf 24 Minuten ohne Eingriffe oder Änderungen. Dieser eine Durchlauf ist für mich imstande, lauter Fragen aufzuwerfen, auch das Klangbild bleibt im Grunde gleich. Ich hatte für mich entschieden, dass die 24 Minuten im Sinne unhörbarer Musik gehen. Die BassStation hat hier im Hintergrund einen zweiten Oszillator, der so etwas wie Gesang von einem wiedergibt, der im Grunde missmutig und halb verdeckt, weil er will nicht so laut schimpfen, sonst könnts ja wer hören, bei den Motivverläufen parallel mitsingt. Dabei schlecht gelaunt und zynisch jeden Ton im Pseudobelcanto von unten ansingt. Meist absichtlich falsch, ein wenig lustlos, teils auch neugierig oder interessiert. Er ist sozusagen neben der Musik im Selbstgespräch verfangen und kommentiert neben dem Josquin vor allem die eigene Situation und Stimmungslage. Das Absichtlich-Extra-Falsch-Mitsingen-Können ist eine Errungenschaft des Punk und Postpunk.

Luciano Berios Wasserklavier, Brin, Luftklavier > Die drei Stücke aus den Jahren 1965, 1990 und 1985 sind in einer Zusammenfassung Six Encores mit drei weiteren untergebracht und zeichnen sich durch halbwegs traditionelle Motive und Verläufe aus. Berio ist hier Postromantiker zu nennen. Impressionismus oder Expressionismus sind dagegen nicht so sehr zu finden. Das Präfix bedeutet also nicht einen Progress in der Zeit, sondern der Art und Weise. Berio ist sozusagen der Zeit enthoben. In der doppelt schnellen Pogoversion läuft die BassStation zur Höchstform auf und verwandelt das Stück in ein furioses und manisches Geschehen. Es ergeben sich orchesterähnliche Klangflächen, ähnlich denen der Ravelbearbeitung. Die Pizzicati waren indes kaum rauszubringen, so dicht standen die Ereignisse. Auch hier handelt es sich wieder um Klavierstücke, die im Sinne eines großen Orchesters interpretiert werden.

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released August 13, 2022

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